Die Vorstellung, die letzte Ruhestätte unter dem alten Apfelbaum im eigenen Garten zu finden, ist für viele Menschen ein tröstlicher Gedanke. Doch ist eine Bestattung auf dem Privatgrundstück in Deutschland überhaupt eine realistische Möglichkeit? Die Antwort ist komplex und führt tief in die deutschen Bestattungsgesetze, die von einem grundlegenden Prinzip geprägt sind: dem Friedhofszwang. Dieser besagt, dass Verstorbene grundsätzlich auf einem dafür gewidmeten Friedhof beigesetzt werden müssen, sei es in einer Erdbestattung oder einer Urnenbeisetzung.
Der Friedhofszwang als feste Regel
In ganz Deutschland schreiben die Bestattungsgesetze der Bundesländer vor, dass sowohl Särge als auch Urnen nur auf offiziell genehmigten Friedhöfen beigesetzt werden dürfen. Dieser Grundsatz dient mehreren Zwecken. Er soll die Totenruhe gewährleisten, hygienische Standards sichern und einen öffentlichen Ort der Trauer für alle Angehörigen schaffen. Ein Grab auf einem Privatgrundstück könnte beispielsweise bei einem Verkauf des Grundstücks in seiner Ruhe gestört werden. Die Regelungen sollen sicherstellen, dass die Würde des Verstorbenen gewahrt bleibt und die Grabstätte dauerhaft als Ruhestätte erkennbar ist. Für Menschen, die sich eine naturnahe Alternative wünschen, bleibt oft nur die Wahl einer Baumbestattung in einem ausgewiesenen Bestattungswald.
Bremen: Die Ausnahme bestätigt die Regel
Eine bemerkenswerte Ausnahme von dieser strikten Regel findet sich im kleinsten Bundesland: Bremen. Hier wurde der Friedhofszwang im Jahr 2015 gelockert. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es in Bremen möglich, die Asche eines Verstorbenen auf einem privaten Grundstück zu verstreuen oder eine Urne beizusetzen. Um eine Bestattung im eigenen Garten beantragen zu können, müssen jedoch strenge Bedingungen erfüllt sein. Der Verstorbene muss zu Lebzeiten schriftlich den Wunsch geäußert haben, auf einem bestimmten Grundstück in Bremen beigesetzt zu werden. Außerdem muss eine enge persönliche Verbindung zu diesem Ort bestanden haben. Der Eigentümer des Grundstücks muss der Beisetzung zustimmen und sicherstellen, dass die Fläche nicht öffentlich zugänglich ist und die Totenruhe dauerhaft gewahrt bleibt. Dieser Ablauf erfordert eine genaue Prüfung durch die Behörden.
Der Weg über das Ausland: Eine umstrittene Alternative
Eine andere Möglichkeit, die einige Menschen in Betracht ziehen, führt über das benachbarte Ausland, beispielsweise die Niederlande oder die Schweiz. Dort sind die Regelungen liberaler. Nach der Einäscherung in Deutschland kann die Aschekapsel legal in diese Länder überführt werden. Dort wird die Asche dann in eine Schmuckurne umgefüllt, die den Hinterbliebenen ausgehändigt wird. Was mit der Asche verstorbener Personen danach geschieht, obliegt der Entscheidung der Angehörigen. Auf diesem Weg gelangt die Urne zurück nach Hause, wo sie an einem besonderen Ort aufbewahrt werden kann. Rechtlich bewegt man sich hier in einer Grauzone. Während die Aushändigung der Urne im Ausland legal ist, widerspricht die Aufbewahrung zu Hause den Bestattungsgesetzen der meisten deutschen Bundesländer. Kontrollen finden in der Praxis jedoch selten statt.
Der Erinnerungsbaum: Natur im eigenen Garten
Eine besondere Form der Bestattung, die dem Wunsch nach einer Ruhestätte im eigenen Garten nahekommt, ist die Baumbestattung auf dem Privatgrundstück, die über einen Umweg möglich wird. Spezielle Unternehmen bieten an, einen Teil der Asche des Verstorbenen mit einer besonderen Erde zu vermischen, in der dann ein junger Baum heranwächst. Dieser Baum, ein sogenannter Erinnerungsbaum, wird in einer Baumschule aufgezogen, bis sein Wurzelwerk die Asche vollständig aufgenommen hat. Nach diesem Prozess gilt die Asche rechtlich als Teil des Baumes. Der Baum kann dann auf dem eigenen Grundstück gepflanzt werden und wird so zu einem lebendigen Erinnerungsort. Diese Weise der Beisetzung verbindet den Kreislauf des Lebens mit der Trauer um einen geliebten Menschen. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zeigen sich für solche Konzepte zunehmend offener, solange sichergestellt ist, dass die Asche untrennbar mit den Wurzeln verbunden ist.
Voraussetzungen und offene Fragen
Wer eine Alternative zum klassischen Friedhof sucht, muss sich intensiv mit den rechtlichen Voraussetzungen auseinandersetzen. Der erste Ansprechpartner ist in der Regel der Bestatter, der über die verschiedenen Möglichkeiten und den genauen Ablauf aufklären kann. Wichtige Fragen betreffen die Kosten, die Zustimmung aller nahen Angehörigen und die genauen Regelungen im jeweiligen Bundesland. Die Wahl der Bestattungsform ist eine sehr persönliche Entscheidung. Der Wunsch, den Verstorbenen nahe bei sich zu haben, ist verständlich. Ob der eigene Garten jedoch der richtige Ort für die ewige Ruhe ist, hängt von vielen Faktoren ab. Es gilt abzuwägen, ob die private Trauerfeier im Garten und die ständige Nähe zum Grab der Liebsten auf Dauer tröstlich sind oder eine Belastung darstellen könnten.
Die Bestattungskultur in Deutschland befindet sich im Wandel, und der Ruf nach individuelleren Formen der Beisetzung wird lauter. Ob sich in Zukunft weitere Bundesländer dem Beispiel Bremens anschließen und eine Bestattung im eigenen Garten unter klaren Auflagen ermöglichen, bleibt abzuwarten. Bis dahin bleibt der Traum vom Grab unter dem Apfelbaum für die meisten Menschen in Deutschland eine Vision, die nur über Umwege oder in einem anderen Teil der Welt Wirklichkeit werden kann.
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